Ja, die Welt wird sich verändern! –
Ein Gastblog meines Kollegen Martin Bornemann

Da ist es nun doch – der harte Lockdown No 2! Ich muss zugeben: Ich hatte gedacht, dass wir diesen Schritt vermeiden können und die Vernunft über das Ignorieren der Wirklichkeit siegen würde. Aber nun zeigt sich: Die Einsicht und die Bereitschaft der Mehrheit, sich den aktuell bekannten Maßnahmen der Vermeidung zu beugen, hat nicht gereicht. Das Regime der Einfältigen und Ignoranten hat gewonnen und wird nun mittel kollektiver Einschränkungen „belohnt“.

Gerade die, denen es seit Wochen und Monaten klar war, dass ein erneuter Lockdown ihr bisheriges Tun in Gefahr bringen würde (ich sehe hier vor allem die Gastronomie und die Kultur und Kreativwirtschaft) haben sich zum allergrößten Teil an die vorgeschlagenen Maßnahmen gehalten, die Konzepte vollumfänglich in den Betrieben umgesetzt, um Kunden, Mitarbeiter und am Ende auch das eigenen Geschäftsmodell in die Zukunft zu bringen. All die Maßnahmen haben in den letzten Monaten Mittel und Energie gekostet. Und nun? Nun werden sie dafür gestraft, weil andere es nicht für nötig gehalten haben, sich und damit am Ende andere zu schützen.

Der Ruf nach Freiheit war so schön einfach. Aber kann mir bitte einmal jemand glaubhaft erklären, was eine Maske vor Mund und Nase an Freiheit einschränkt, wenn es die Wahrscheinlichkeit, den Anderen zu schützen, auch nur um wenige Prozentpunkte erhöht. Wenn das wirklich alles ist, wo genau liegt dann das Problem? Ja, auch ich habe mein Business weiter betrieben, habe versucht zu gestalten, wo Gestaltung gefragt war, hingehört, wo es nötig war, war Begleiter, wo Sorgen und Bedenken geteilt werden wollten. Das ich dabei alle mir zur Verfügung stehenden Maßnahmen aktiv genutzt habe, ist doch selbstverständlich. Mein Job ist es Impulse für die Zukunftsfähigkeit zu geben und definitiv nicht Menschen in Gefahr zu bringen.

Erschreckend, mit welchen Expertisen um uns herum gearbeitet wird, den eigenen Vorteil, das eigene Wohlbefinden in den Vordergrund zu stellen. Erstaunlich, wie oft aktuell gerade wieder die Werkzeuge der Vergangenheit als Allheilmittel angepriesen werden. Angepriesen als der alleinige Schlüssel, das Normal wiederherzustellen. Aber über welches Normal reden wir denn? Das Normal, das wir alle in den letzten Jahrzehnten des Wohlstands genossen haben? Was ein Irrtum zu glauben, dass wir da wieder ankommen werden, wenn wir nur möglichst schnell wieder die alten Schrauben mit dem alten Werkzeug drehen. Da missbrauchen sogenannte Querdenker diesen wertvollen Ansatz „Querdenken“, der doch seit langem als Grundhaltung für eine wertschöpfende Veränderung bei Vordenkern steht. Sie besetzen diesen Begriff für ihre Zwecke und haben die dahinter liegende Haltung nicht annähernd erfasst. Schade! Ist das eine Basis für einen Dialog, gemeinsam Zukunftsfähigkeit zu gestalten? Aus meiner Sicht klar und deutlich Nein! Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn hier erkennbar wäre, dass der Polemik eine wertschaffende Haltung, etwas Eigenes, etwas Sinnhaftes zugrunde liegen würde. Vielleicht ist aber auch genau so gut und zeigt die wahren Kompetenzen, die Absichten, die Haltung, für die, die in der Lage sind, die Zusammenhänge zu erkennen.

Wir müssen als Gesellschaft lernen, neu zu denken. Wir müssen infrage stellen, was wir bis dato an Maßnahmen und Kriterien für wirtschaftlichen und persönlichen Erfolg angesetzt haben. Wir müssen hinterfragen, was es für die Zukunftsfähigkeit braucht und was es eben nicht mehr braucht. Das hört sich theoretisch so einfach an. Ist es aber nicht! Definitiv nicht!

Wir stellen doch gerade alle immer mehr fest, dass das eine nicht zum anderen passt. Das Verhalten, wie Egozentrik, nicht zu den Anforderungen der Wirklichkeit passt. Der Profit zu mir, die Verluste in die Allgemeinheit – das ist kein unternehmerisches Handeln und genauso zeitgemäß und zielführend, wie ohne Fallschirm aus dem Flugzeug zu springen und am Ende der Flugphase auf eine weiche Landung zu hoffen. Wie kommen eigentlich so viele immer noch darauf, dass immer jemand kommt, den schon lange erkennbaren Aufprall abzufedern?

Für mich ist das kein eigenverantwortliches und unternehmerisches Verhalten, sondern ein Abtauchen vor der Verantwortung. Es ist eigentlich ein Verhalten, dass mit dem Ende der Pubertät abgelegt sein sollte. Denn dann haben in der Regel die Eltern alles getan, dass die Kinder sich selbständig und verantwortlich in ihrem Umfeld bewegen können. So zumindest die Theorie.

Und jetzt? Was machen wir mit all den Erkenntnissen der letzten Monate? Weiter wie bisher? Anpassen und hoffen, dass sich das „alte“ Normal wiedereinstellt? Oder beibehalten, was noch gut ist und radikal ändern, wo es radikale Veränderung braucht? Und mit radikal meine ich hier ein Zusammenwirken mit gemeinsamen gesellschaftlichen Werten und dem gesunden Menschenverstand der Gemeinschaft. Ein Zusammenwirken, das Raum gibt, Neues entstehen zu lassen, das Platz schafft, die Potenziale der Menschen wertschätzend zu nutzen und das Wege aufzeigt, wie es machbar sein kann. Wege, die nicht durch das Denken „Das haben wir schon immer so gemacht!“ geprägt sind, sondern durch ein „ok, lasst es uns versuchen und das Experiment wagen!“

Und schon höre ich die aufschreien, die es schon immer genau wussten: „Typisches Beraterdenken!“ „Theoretiker“ „Weltverbesserer“….

Vielleicht ist es so. Aber vielleicht eben auch nicht. Und vielleicht wird es Zeit, dass wir aufhören über Richtig und Falsch zu diskutieren und uns mit den hauseigenen Dogmen der verschiedenen Denkrichtungen zu blockieren, nur um den eigenen Nutzen als gemeinschaftliches Ziel zu setzen. Ich glaube es geht um mehr. Und Corona ist nur das Streichholz, an einem schon seit langem schwelenden Prozess. Es ist nur der letzte Funke, der den Brand auslöst und uns alle in die Veränderung zwingt. Uns zwingt, den Schmerz zu spüren, dem wir schon so lange immer wieder ausgewichen sind, weil doch alles so schön bequem war.

Ja, die Welt wird sich verändern. Und ja, es werden Unternehmen in den nächsten Monaten untergehen, einfach verschwinden. Das wird so sein und war schon immer so. Das tut weh und es ist in jedem Fall tragisch- für die Unternehmer*innen und die Mitarbeiter*innen gleichermaßen. Aber es wird auch Neues entstehen. Es wird neue Möglichkeiten geben, neue Wege erkennbar werden, wenn wir beginnen, sie zu gehen.

Ich bleibe der festen Überzeugung, dass es ein „neues“ Normal geben wird. Ein „neues“ Normal, in dem wir alle für uns den passenden Raum finden und in dem der destruktiven Egozentrik immer weniger Platz gewährt wird. Und es wird ein „neues“ Normal geben, welches den Fähigkeiten neuer Unternehmer*innen Nährboden gibt. Es werden in Zukunft genau diese Fähigkeiten sein, die uns als Gesellschaft und Menschen in ein lebenswertes und von nachhaltig gesundem Wohlstand geprägtes Umfeld begleiten werden. Wann immer die Welt von Krisen betroffen gewesen ist, waren es im Nachgang Unternehmer*innen, die den Aufbruch gestaltet haben, die den Bewahrern und ewig gestrigen gezeigt haben, dass es auch anders gehen kann, dass es noch Möglichkeiten gibt.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass es uns gemeinsam gelingt, den Virus und all die damit zusammenhängenden Bedrohungen von Menschen, Gesellschaft und Wirtschaft zu überstehen. Das wir es schaffen, unsere Zuversicht zu behalten und mutig neue Wege beschreiten. Das wir der Einfältigkeit, den ewig gestrigen die Stirn bieten und den flachen Parolen der billigen Seelenfänger keine Resonanz geben. Zu leise für das Gute, das Wertvolle, das Wertschätzende aufstehen und sich einsetzen, das haben wir in unserem Land schon einmal gemacht, was unendlich vielen Menschen das Leben und ihr Zuhause genommen hat.

Packen wir es an und gestalten uns gemeinsam eine Zukunft, die uns und den folgenden Generationen ein selbstbestimmtes und gutes Leben ermöglicht.

Vor Jahren habe ich eine Weisheit für mich geschenkt bekommen, die aus meiner Sicht immer noch hoch aktuell ist. Gerade jetzt.

„Den Gehenden kommt der Weg entgegen!“

Eine chinesische Weisheit, die es einfach auf den Punkt bringt. Wer den Weg einfach losgeht, dem werden am Wegesrand die Dinge begegnen, die es für die nächsten Schritte benötigt. Und ja. Nach über 20 Jahren als Freiberufler weiß ich: Es ist so!

Jetzt heißt es noch ein paar Wochen aushalten, sich zurückziehen, die Gesundheit von sich und den anderen zu schützen, Kraft tanken, neue Ideen entwickeln und dann starten wir gemeinsam in die Zukunft, in das „neue Normal“!

Passt auf euch auf, bleibt gesund und lasst uns gemeinsam nach vorne schauen!

Euer / Ihr

Martin Bornemann

Jetzendorf,im Dezember 2020

(C) Martin Bornemann